Stufe 3: Untertreten und Schulterherein
Die fortgeschrittene Arbeit an der Biegung platziert den inneren Hinterfuß hinter dem Zwischenraum zwischen beiden Vorderbeinen. Das bedeutet, dass das innere Hinterbein nicht in die Spur des inneren Vorderbeins tritt, sondern weiter zur Bauchmitte versetzt. Bent Branderup nennt das „Untertreten“. Auf diese Weise beginnt der Ausbilder, die Fähigkeit der Hinterhand zum Tragen zu fördern und die äußere Körperseite noch stärker zu dehnen. Ein Ausfallen auf die äußere Schulter, oft verbunden mit einem zu starken Abknicken des Halses nach innen, sind Anzeichen dafür, dass die Biegung verloren gegangen ist. Ein Ausfallen des äußeren Hinterbeins außen neben die Spur des äußeren Vorderbeins ist ebenfalls ein Zeichen dafür, dass die äußere Rumpfseite sich noch nicht ausreichend dehnen kann und das Pferd nur in der Halswirbelsäule abknickt. Dann sollte man wieder zurück zur Biegung gehen. Gerade beim stark passveranlagten Pferd dauert es sehr lange, bis die rückständige Hinterhand unter den Schwerpunkt gearbeitet werden kann.
Glæðir beim Untertreten – Das innere Hinterbein tritt zwischen beide Vorderbeine
Durch Touchieren arbeitet Katharina das innere Hinterbein nach vorne. Der Hals ist noch etwas zu stark nach innen geklappt.
Beherrscht das Pferd diese Übung auf der Kreislinie, kann man auch an die gerade Bande gehen. Durch die seitliche Begrenzung ist es einfacher, ein Schulterherein zu erreichen, da durch die Bande ein Ausfallen der Hinterhand verhindert wird. Die Gefahr, dass die Biegung verloren geht und aus dem Schultervor oder Schulterherein ein Seitwärtstreten wird, ist aber auch größer. Ich würde daher auf dem 2. Hufschlag arbeiten und aus einer Volte mit guter Biegung beginnen. Beim korrekten Schulterherein greift der innere Hinterfuß weit vor unter die Masse und durch die zunehmende Pendelbewegung des Brustkorbes gewinnt das Pferd noch mehr Schulterfreiheit. Das innere Hinterbein muss beim Vorgreifen die Hanken verstärkt beugen und unter dem Schwerpunkt Last aufnehmen beugen. Der Vorgriff des äußeren Vorderbeins und das Tragen des inneren Hinterbeins sind der Sinn dieser versalen Bewegung. Die Stellung bleibt erhalten und das Pferd ist im Hals und nicht stärker gebogen als im Rumpf. Die Zehen aller Hufe sollten in Bewegungsrichtung zeigen, sonst ist das Pferd überbogen und fällt auf die äußere Schulter. Durch das Schulterherein wird auch das nach vorne Suchen (Anlehnung) und die Dehnungshaltung gefördert, das Pferd löst sich nach vorne-unten. Bei stark passveranlagten Pferden ist das Schulterherein ein wunderbares Mittel, um zum klaren Viertakt und schließlich auch zum Trab zu kommen. In der klassischen Reitkunst gilt es als „Aspirin“ – es hilft gegen (fast) alle Probleme und leitet das Geraderichten des Pferdes ein. Das Schulterherein wird traditionell auf drei Hufschlägen geritten, dann fußt das innere Hinterbein auf einer Linie mit dem äußeren Vorderbein. Bevor das Pferd kein Schulterherein beherrscht, sollte man streng genommen noch nicht traben, da das innere Hinterbein noch nicht zum Tragen kommt. Man nennt das Schulterherein daher auch "Trabstellung".
Die Biegung sollte unbedingt erhalten bleiben, das kann nicht häufig genug betont werden. Nur dann schwingt der Rumpf beim Vorgriff des inneren Hinterbeins nach außen, das äußere Hinterbein kann Last aufnehmen und das innere Hinterbein findet seinen Weg in Richtung Schwerpunkt. Tritt das innere Hinterbein kurz, ist die Biegung verloren gegangen. Die Beine fußen seitwärts und nicht mehr in Richtung Schwerpunkt. Diese Gefahr ist im Konterschulterherein (zur Wand hin) besonders groß, daher würde ich diese Lektion erst einmal vermeiden.
Glæðir im Schulterherein an der Hand: Der Rumpf pendelt über das äußere Hinterbein, das innere kann weiter nach vorne geführt werden.
Schulterherein unter dem Reiter (Kurs mit Maria Roob, Legelshurst)
Direkt zu: Stufenkonzept • Stufe 1 • Stufe 2 • Stufe 3 • Stufe 4 • Stufe 5 • Stufe 6 • Mehr...
(Text: Anja, Fotos: Mara, Susanne Waltersbacher, Patricia Bauer)